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Au­gust 2010 – Kann ein Ehe-/Erb­ver­trag mit­tels ei­nes Te­sta­ments ab­ge­än­dert wer­den?

August 2010 – Kann ein Ehe-/Erbvertrag mittels eines Testaments abgeändert werden?


Meine Tante und mein Onkel (beide Jahrgang 1922, kinderlos) haben vor ca. 3 Jahren ein handschriftliches Testament in zweifacher Ausführung verfasst und ihre Göttikinder bevorzugt. Nun bin ich beim Zügeln auf einen notariell beurkundeten Ehe-/Erbvertrag aus dem Jahre 1975 mit widersprüchlichem Inhalt zum Testament gestossen. Ist nun das Testament oder der Ehe-/Erbvertrag gültig? Meine Tante möchte, dass das Testament gültig ist; mein Onkel hat Alzheimer und kann nicht mehr entscheiden.


Es ist ein zentrales Bedürfnis vieler Ehepaare, die spätere Verwendung des ehelichen Vermögens gemeinsam zu regeln.



Verfügungen von Todes wegen


Dieser Wunsch kann umgesetzt werden, indem jeder Ehegatte ein eigenes Testament aufsetzt oder gemeinsam vor dem Notar ein Vertrag mit erbrechtlichen Bestimmungen (Erbvertrag oder Ehe-/Erbvertrag) unterzeichnet wird. Ein gemeinschaftliches Testament hingegen kennt das Schweizer Recht nicht; ein solches ist ungültig und kann vor Gericht angefochten werden.



Anpassung


Ein Testament hat bloss einseitige Rechtswirkung und kann vom Erblasser jederzeit und ohne Zustimmung der berechtigten Personen aufgehoben oder abgeändert werden. Demgegenüber handelt es sich beim Ehe-/Erbvertrag um ein zweiseitiges, bindendes Rechtsgeschäft. Dieses kann grundsätzlich nur mit dem Einverständnis der anderen Vertragspartei angepasst werden.



Formvorschriften beachten


In welcher Form die Anpassung des Ehe-/Erbvertrages zu geschehen hat ist abhängig von der Frage, ob der Ehe-/Erbvertrag aufgehoben oder abgeändert werden soll. Das Gesetz sieht nämlich vor, dass die Aufhebung eines Ehe-/Erbvertrages in schriftlicher Form erfolgen kann, während für eine Abänderung die Form der öffentlichen Beurkundung erfüllt sein muss. Dieser Formvorschrift wurde von Ihren Verwandten nicht nachgekommen; es liegt ein Formmangel vor. Die neu festgehaltene Erbfolge ist somit ungültig und kann von den im Ehe-/Erbvertrag genannten Erben angefochten werden.



Verfügungsfähigkeit


Weil Ihr Onkel unter Alzheimer leidet, ist er eventuell nicht mehr verfügungsfähig und kann einer Abänderung des Ehe-/Erbvertrages nicht mehr ohne das Einverständnis eines gesetzlichen Vertreters zustimmen. Hier zeigt sich einmal mehr, wie wichtig es ist, sich über die erbrechtlichen Folgen rechtzeitig Gedanken zu machen und die notwendigen Vorkehrungen zu treffen.



Kurzantwort


Die Abänderung eines Ehe-/Erbvertrages muss öffentlich beurkundet werden, ansonsten sie ungültig ist.
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