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April 2022 – Die 5 wich­tig­sten Fra­gen zum Vor­sor­ge­auf­trag

April 2022 – Die 5 wichtigsten Fragen zum Vorsorgeauftrag


Mit einem Vorsorgeauftrag können Sie regeln, dass eine Vertrauensperson Entscheide für Ihren Alltag und über Ihr Vermögen trifft, wenn Sie urteilsunfähig werden. Nachfolgend beantworten wir die fünf wichtigsten Fragen zum Vorsorgeauftrag.


1. Weshalb soll ich einen Vorsorgeauftrag errichten?


Mit dem Vorsorgeauftrag können Sie eine oder mehrere Personen damit beauftragen, für den Fall Ihrer Urteilsunfähigkeit

  • die Sorge für Ihre Person (Personensorge) sowie die damit zusammenhängende Vertretung im Rechtsverkehr und
  • die Sorge für Ihr Vermögen (Vermögenssorge) sowie die damit zusammenhängende Vertretung im Rechtsverkehr

zu übernehmen.


Unter Personensorge ist die Sorge um Ihr seelisches, geistiges und körperliches Wohlbefinden zu verstehen. Dazu gehört z. B. die Regelung Ihrer Wohnsituation, die Sicherstellung eines geordneten Alltags oder eine angemessene medizinische Versorgung. Es besteht zudem die Möglichkeit, eine Patientenverfügung zu erlassen. In einer Patientenverfügung können Sie insbesondere medizinische Massnahmen, die Sie wünschen (oder eben nicht), festlegen. Wir empfehlen dabei, den Vorsorgeauftrag und eine allfällige Patientenverfügung inhaltlich aufeinander abzustimmen.


Die Vermögenssorge betrifft insbesondere die Verwaltung Ihres Vermögens und Einkommens. Darunter zu verstehen ist z. B. das Bezahlen von Rechnungen oder das Ausfüllen der Steuererklärung.


Die jeweilige Vertretung im Rechtsverkehr meint die Vertretung bei Rechtshandlungen. Dazu gehören z.B. die Vertretung gegenüber Behörden und Gerichten, Vertragsverhandlungen und -abschlüsse, Kündigungen von Verträgen etc.


Mit einem Vorsorgeauftrag können Sie somit einer von Ihnen bestimmten Person jene Aufgaben übertragen, die sonst im Falle Ihrer Urteilsunfähigkeit von einem durch die KESB eingesetzten Beistand übernommen werden. Es macht daher in jeder Lebenssituation Sinn, einen Vorsorgeauftrag zu errichten. In unserem Beratungsalltag haben wir vielfach schon die Aussage gehört, dass Ehepaare keinen Vorsorgeauftrag benötigen, da diese ja bereits von Gesetzes wegen im Falle einer Urteilsunfähigkeit gegenseitig zur Vertretung berechtigt seien. Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, dass die gesetzlichen Vertretungsrechte von Ehegatten nur alltägliche Angelegenheiten umfassen. Für alle Handlungen, die darüber hinausge­hen (wie z.B. die Erhöhung einer Hypothek) ist die Zustimmung der KESB oder gar die Anordnung einer erwachsenenschutzrechtlichen Massnahme notwendig, sofern kein gültiger Vorsorgeauftrag vorliegt.


Es gilt zu beachten, dass gewisse Bereiche wie z.B. die Errichtung eines Testaments nicht an die beauftragte Person delegiert werden können. Wir empfehlen daher, auch diesbezüglich vorausschauend zu planen.



2. Welche Formvorschriften hat ein Vorsorgeauftrag zu erfüllen?


Der Vorsorgeauftrag ist von Gesetzes wegen entweder

  • eigenhändig von Anfang bis Ende niederzuschreiben, zu datieren sowie zu unterzeichnen
  • oder durch eine Notarin oder einen Notar öffentlich beurkunden zu lassen.


Der Vorteil einer öffentlichen Beurkundung ist insbesondere, dass

  • die Urkundsperson kontrolliert, ob alle gesetzlichen Vorschriften eingehalten sind,
  • Ihre individuellen Bedürfnisse berücksichtigt werden und
  • die Urkundsperson Ihre Urteilsfähigkeit, die für eine gültige Errichtung vorausgesetzt wird, prüft.


Der öffentlichen Beurkundung kommt ferner gegenüber der eigenhändigen Errichtung eine erhöhte Beweisfunktion zu.

Selbst wenn der Vorsorgeauftrag die gesetzlichen Formvorschriften erfüllt, nützt er nichts, wenn er im Falle Ihrer Urteilsfähigkeit nicht gefunden werden kann. Wir empfehlen daher, den Auftrag gut auffindbar in Ihrer Wohnung aufzubewahren und der beauftragten Person eine Kopie Ihres Vorsorgeauftrags auszuhändigen. Im Kanton Luzern ist es zudem möglich, den Hinterlegungsort beim Zivilstandsamt eintragen zu lassen.



3. Wann entfaltet der Vorsorgeauftrag seine Wirkung?


Der Vorsorgeauftrag tritt in Kraft, wenn

  • Sie in einem Bereich, der vom Vorsorgeauftrag abgedeckt wird, urteilsunfähig werden,
  • diese Urteilsunfähigkeit voraussichtlich so lange andauert, dass eine Vertretung sinnvoll erscheint und

  • die KESB den Vorsorgeauftrag für wirksam erklärt.



4. Wen soll ich mit meiner Vorsorge beauftragen?


Als beauftragte Person kann eine Privatperson oder auch eine juristische Person (z.B. eine Bank) eingesetzt werden. Wir empfehlen jeweils, eine Person Ihres Vertrauens, die über die nötigen fachlichen und persönlichen Kompetenzen verfügt und genug Zeit hat, den Auftrag persönlich zu erfüllen, zu beauftragen. Zudem empfehlen wir, für den Fall, dass die beauftragte Person den Auftrag nicht annimmt, ihn kündigt oder nachträglich als ungeeignet erscheint, eine Ersatzperson zu bestimmen.



5. Habe ich der beauftragten Person eine Entschädigung zu bezahlen?


Im Vorsorgeauftrag können Sie festlegen, ob eine Entschädigung geschuldet ist und wie hoch diese allenfalls sein soll. Wenn sich der Vorsorgeauftrag nicht zur Entschädigungsfrage äussert, legt die KESB eine angemessene Entschädigung fest. Allfällige Spesen sind stets zu entschädigen.


Sollten Sie weitere Fragen zum Vorsorgeauftrag haben oder benötigen Sie bei dessen Errichtung Unterstützung, so steht Ihnen das Team der Kanzlei Bellevue gerne zur Verfügung.


Das PDF zum obigen Artikel finden Sie hier.


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